Freitag, 21. Juni 2024

Spitzbergische Besonderheiten

Ich muss hier nochmals auf Spitzbergen zurückkommen, denn damit verbinden sich einige Besonderheiten.

Politischer Status

Vor unserer Abreise gingen wir davon aus, dass Spitzbergen eine zu Norwegen gehörende Inselgruppe sei, so haben wir es in Reisebeschreibungen gelesen. Dass das so nicht stimmt erklärte uns einer der Guides auf unseren Ausflügen. Spitzbergen ist neutrales Land, es gehört zu keinem Land. Die Verbindung zu Norwegen besteht darin, dass dieses für die Verwaltung der Inselgruppe zuständig ist. Als Bürgermeister amtiert der von der norwegischen Regierung ernannte Sysselmester (übersetzt "Affärenmeister"). Vor kurzem hiess der noch Sysselmann, nach der Ernennung einer Frau wurde die Bezeichnung geändert.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang der Spitzbergenvertrag, welcher 1920 abgeschlossen und von einer Reihe von Staaten mitunterzeichnet wurde, darunter auch die Schweiz. In diesem Vertrag ist zum Beispiel festgehalten, dass Spitzbergen eine entmilitarisierte Zone ist. Oder dass Bürger aller den Vertrag unterzeichneten Länder freien Zugang zur Inselgruppe haben und dort leben und arbeiten dürfen.

Gebären und krank sein verboten

Niemand darf auf Spitzbergen zur Welt kommen. Grund dafür ist der neutrale Status der Inselgruppe, welcher verhindert, dass ein Neugeborenes einer Nationalität zugeordnet werden kann. Schwangere Frauen müssen deshalb spätestens drei Wochen vor dem Geburtstermin Spitzbergen verlassen. Nach der Geburt dürfen sie aber wieder mit dem Baby zurückkehren.

Das Klima auf Spitzbergen insbesondere im Winter erfordert eine gute Gesundheit. Wenn jemand krank wird kann das lebensgefährlich werden, weil die medizinische Versorgung sehr rudimentär ist. Eingriffe wie Operationen können nicht durchgeführt werden. Deshalb kann jemand mit einer Krankheit angewiesen werden, Spitzbergen zu verlassen. Das geht sogar so weit, dass man zum Beispiel die Behörden informieren kann, dass der Nachbar Krankheitssymptome hat. Das wird dann genau abgeklärt und kann zu einer Ausweisung führen.

Keine Katzen

Falls jemand nach Sptzbergen auswandert und als Haustier einen Stubentiger mitnehmen möchte: Fehlanzeige. Katzen sind verboten, denn diese würden Jagd machen auf die neugeborenen Polarfüchse, welche geschützt sind. Für Katzen bietet Spitzbergen vor allem im Winter kein grosses Nahrungsangebot. Mäuse gibt es keine und von den Vögeln überwintert eine einzige Sorte, welche aber für Katzen zu gross ist. Bleiben nur die Polarfuchsbabys.

Traditionen

Traditionen sind für die Leute wichtig. Zum Beispiel jährlich am 8. März. Das ist der Tag, an welchem sich in Longyearbyen nach dem langen Winter die Sonne wieder zeigt. Das wird von der ganzen Bevölkerung gefeiert. Die Sache hat aber einen Haken: man sieht die Sonne nur, wenn man auf einer extra dafür bereitgestellten Treppe ein paar Stufen hinaufsteigt.

die Sonnentreppe

Oder die Sache mit den Schuhen. Vielerorts stehen beim Eingang von Gebäuden Schuhgestelle und es wird erwartet, dass man vor dem Betreten des Gebäudes (z.B. Restaurant, Hotel, Spital, Laden) die Schuhe auszieht. Das geht auf die Zeit des Kohlenabbaus zurück, als die Minenarbeiter mit ihren Schuhen tagelang auf Kohlenstaub unterwegs waren und beim Betreten eines Gebäudes mit Schuhen eine gröbere Verschmutzung anrichten würden. Heute gibt es zwar fast keine Minenarbeiter mehr, aber die Tradition wird aufrechterhalten.

das Schuhgestell in unserem Hotel

Und noch etwas: Wenn wir in Mitteleuropa von Spitzbergen reden meinen wir die ganze Inselgruppe. Nicht so in Norwegen. Dort heisst nur die Insel mit der Hauptstadt Longyearbyen so, die Inselgruppe heisst Svalbard (deutsch "Kühle Küste").


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